Nikolaiviertel

In der Mitte der Stadt, nicht geografisch (die ist hier: N52° 30′ 10,4, E13° 24′ 15,1), aber für mich gefühlt, liegt das Nikolaiviertel. Begrenzt vom Roten Rathaus, dem Marx-Engels-Forum, der Leipziger Straße und der Spree findet man ein Areal in dem sich Plattenbauten und alte Fassaden um die älteste Kirche Berlins gruppieren. Läuft man durch die verkehrtsbefreiten Straßen hat man immer die hohen grünen Türme der Nikolaikirche, den Berliner Dom, den Fernsehturm oder das Rote Rathaus im Blick.
In meiner Kindheit gab es hier nur ein riesige Ruine, die heute markanten Türme existierten nicht, auch keiner der Plattenbauten oder der „historischen“ Häuserfassaden. All das wurde erst zu 750 Jahrfeier der Stadt gebaut oder aufgebaut, als auch andere Ecken der Stadthälfte herausgeputzt wurde, siehe Husemannstraße.

Das Bezirksamt Mitte sagt dazu:
„Das Nikolaiviertel in seiner heutigen Gestalt wurde in den 1980er Jahren errichtet, als Ost-Berlin die Hauptstadt der DDR war. Bis in die 1970er Jahre blieb das Gebiet in weiten Teilen eine Brache. Ende der 1970er Jahre wurde für die Planungen der 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin 1987 ein Architekturwettbewerb zur Wiederbebauung des Nikolaiviertels ausgelobt. Mit der Realisierung des Entwurfs des Architekten Günter Stahn (1939-2017), der den Wettbewerb gewann, wurde 1981 begonnen. Zentraler Bestandteil des Projekts war der Wiederaufbau der Nikolaikirche. Die Häuserfassaden an der Probststraße und am Mühlendamm wurden, orientiert an Bürgerhäusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert, neugestaltet. An der Spandauer Straße entstanden Plattenbauten mit historisierenden Stilelementen. Das Viertel wurde als autofreier Bereich mit 800 Wohnungen für etwa 2000 Menschen, 33 Ladengeschäften und 22 Gaststätten ausgebaut.
Das Nikolaiviertel war damit in funktioneller Hinsicht für den inländischen Tourismus der DDR und als Devisenbringer für Besuchende aus dem Westteil Berlins, aus Westdeutschland und aus dem Ausland ausgerichtet.
Der Architekt Günter Stahn schrieb 1985, im Mittelpunkt seines Konzepts habe „das Ziel einer lebendigen städtebaulichen Raumbildung mit einem differenzierten reichen Wahrnehmungserlebnis“ gestanden. Im offiziellen Sprachgebrauch der DDR hieß es zunächst „Wohngebiet am Marx-Engels-Forum“. Die Geschichte des Ortes kam in diesem Namen nicht mehr vor. Eine Interpretation von Stadtgeschichte nimmt im Nikolaiviertel aber eine wichtige Rolle ein. Der Nachbau von historischen Laternen und Ladenschildern simulieren historische Authentizität. 2018 wurde das Viertel unter Denkmalschutz gestellt – als Beispiel für eine Veränderung der Baupolitik der DDR in den 1980er Jahre, die die Bedeutung der Lebensqualität von gewachsenen Stadtquartieren erkannt habe.“.

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